Heinrich Gambs (1765/68?-1831)

Heinrich Gambs war ein badischer Möbelschreiner aus Durlach und Schüler von Abraham Roentgen. Er fertigte Luxusmobiliar für den gesamten europäischen Adel und seine Möbel fanden den Weg bis an den russischen Zarenhof. „Die Möbel aus der Manufaktur Roentgen sind als kulturgeschichtliche Dokumente sichtbarer Ausdruck des Wandels in der in der Gesellschaft und der damit verbundenen Modetendenzen“. Zitiert nach einem Aufsatz von Burckhardt Göres in „Möbel für den Fürstenhof – Zur Biographie und zum Schaffen von Heinrich Gambs in St. Petersburg“, Badisches Landesmuseum, Thorbecke 1994.

Werdegang

Unter David Roentgen war Heinrich Gambs Geselle und dann geschätzter Mitarbeiter der Roentgenmanufaktur. Viele der für den russischen Zarenhof gefertigten Möbel lieferte David Roentgen mit Hilfe vertrauenswürdiger Mitarbeiter. So war auch Heinrich Gambs mit ihm zusammen in St. Petersburg, wo er dann auch verblieb. Zwischen 1793 und 1795 war Gambs in St. Petersburg hauptsächlich mit Arbeiten für die Großfürstin Maria Feodorowna, der Gemahlin des Thronfolgers Paul I. tätig. Er fertigte auch Möbel als Geschenke an die russische Kaiserin an. Ebenfalls 1794 einen Schreibtisch mit Kabinettaufsatz für die Bibliothek von Paul I. für Schloss Pawlowsk, den Maria Feodorowna ihrem Gatten als Geburtstagsgeschenk zudachte.

Werkstatt und Möbelfertigung

Im März 1795 eröffnete Heinrich Gambs als Kaufmann der II. Gilde in St. Petersburg am Fontanka-kai in der Nähe der Kalinkinbrücke eine Möbelfabrikation. Das Kapital dafür stellte der österreichische Kaufmann Jonathan Ott zur Verfügung, der auch als sein Partner fungierte. Bereits im November desselben Jahres eröffnet Gambs im Herzen von St. Petersburg am Newski-Prospekt ein eigenes Geschäft. Mit diesem zieht er sehr bald in das Haus der Baronesse Demidov in der Bolschaja Morskaja Straße um. Die von Gambs gefertigten Möbel wurden anfangs auch an bürgerliche Haushalte verkauft, erst um 1801 kann Gambs den eingesessenen Hofebenisten Christian Meyer verdrängen. Fortan avanciert Gambs zum kaiserlichen Kabinett Lieferanten und fertigt luxuriöse Möbel für das russische Winterpalais, die Eremitage, die Zarengemächer in Zarskoje Selo und die Sommerresidenz im Peterhof. So stammt eine Psyche (Toilettenspiegel) nach einem Entwurf des russischen Architekten Andrej Woronidin (1759-1814) von Heinrich Gambs, die er 1803 als Geschenk von Alexandra I. an die Königin Luise von Preußen fertigt. Diesen Spiegeltyp stellte die Werkstatt Gambs in einer etwas einfacheren Form für die Aussteuer der Großfürstinnen Alexandra (1783-1801, Ehe mit Erzherzog Joseph v. Habsburg-Lothringen (1776-1847), Helena (1784-1803, Ehe mit Erbprinz Friedrich Ludwig v. Mecklenburg-Schwerin (1778-1819) und Maria Pawlowa (1786-1859), Ehe mit Carl Friedrich v. Sachsen-Weimar-Eisenach (1783-1853), den Schwestern des russischen Thronfolgers, Paul I. her.

Werkstücke

Gambs fertigte zu Beginn seiner Petersburger Zeit Möbel, die noch stark an die Neuwieder Möbel der Roentgenmanufaktur von David Roentgen in Stil und Form angelehnt waren.Spiegel von Heinrich Gambs, St. Petersburg um 1800. Die von Gambs gefertigten Möbel zeichnen sich durch elegante Bronzebeschläge, Bronzegriffe und komplizierte Schlüssel und Schlösser aus. Einlegearbeiten aus Elfenbein wurden verwendet, ebenso Einsätze aus Milchglas und ziselierter, oft vergoldeter Bronze. Bald entwickelte Heinrich Gambs einen eigenen Stil, der sich durch strenge Formen auszeichnete. Ein besonderes Markenzeichen von Heinrich Gambs sind Marketeriebänder aus Messing in Ebenholz eingelegt. Auch mit Messingblech ummantelte Profile zieren die meisten seiner Möbelstücke. Das bevorzugte Holz für die Möbel war Mahagoni, aber auch Nussbaum, Birke, Ahorn und Esche fanden als Fertigungshölzer Verwendung. Die von ihm gefertigten Möbel erfuhren eine Würdigung in der Literatur (A. Puschkin und I. Turgenjew). Die zahlenmäßig umfangreichsten Aufträge fertigte Gambs für das kaiserliche Kabinett in der Eremitage. So findet sich 1811 im sogenannten „Lukin-Inventar“ Gambs Name für 135 Stühle verzeichnet. In diesem Inventar finden auch von Gambs gefertigte Konsoltische Erwähnung, die sich bis heute in der Eremitage erhalten haben. Zugleich erledigt Gambs auch Umbauten und Reparaturarbeiten an vorhandenen Möbeln, die von David Roentgen und Christian Meyer stammten. 1810 erhält er den Titel „Hofmechaniker“ und 1816 liefert er Möbel für das Winterpalais und den großen Palast in Zarskoje Selo.

Heinrich Gambs hatte 2 Söhne, Peter und Ernst, denen er sein Möbelfertigungsgeschäft übergab. Ab 1831 vergrößern die Söhne den Betrieb auf 130 Mitarbeiter.

Literaturempfehlung zu Heinrich Gambs

  • Stratmann-Dohler, Rosemarie und Wiese, Wolfgang: "Ein Jahrhundert Möbel für den Fürstenhof - Karlsruhe, Mannheim, Sankt Petersburg 1750 bis 1850" Sigmaringen, Jan Thorbecke Verlag, 1994.