Mainzer Möbelschreiner des 19. Jh. - Großbetriebe in der Möbelherstellung
In der ersten Hälfte des 19. Jh. gab es in Mainz 7 Großbetriebe in der Möbelherstellung, die pro Betrieb 60 bis 80 Arbeiter beschäftigten, darunter Schreiner, Schlosser, Dreher, Bildhauer, Tapezierer und Vergolder. Diese 7 Betriebe firmierten unter den Namen Bembé, Fischer, Heininger, Kimbel, Knussmann, Rauch und Nillius. Davon betrieben die Firmen Knussmann, Kimbel und Bembé ein eigenes Holzlager, gelagert wurden insbesondere Eiche aus dem Frankenwald sowie Obst- und Nussbaumhölzer aus dem Spessart und Odenwald. Verursacht durch starke Rodungen bis ca. 1830 trat im Spessart und Odenwald ein Wandel der Baumsorten zu Nadelbäumen ein. Bereits um 1790 bezogen daher die Mainzer Möbelschreiner Nusshölzer aus der italienischen Schweiz. Für die Luxustischlerei bestand eine große Nachfrage von importierten Edelhölzern. An belgischen und holländischen Umschlagsorten wurde gehandelt mit Mahagoni, Palisander, Amboina, amerikanischen Ahorn, Zitronenholz und Amarantholz.
In den Mainzer Großbetrieben entstanden neue, dem Zeitgeschmack angepasste Modelle, aber auch auf die Entwicklung von eigenen Modellen wurde großer Wert gelegt. Deshalb war es unabdingbar, dass die Lehrlinge und Gesellen der Werkstätten in ihrer Ausbildung nicht nur das Schreinerhandwerk beherrschen mussten, sondern vor allem eine gut fundierte Ausbildung im Zeichnen erhielten. Dies ist sicherlich der Grund, warum sich bis heute sehr viele Meisterrisse (Skizzen) von Möbelstücken erhalten haben, die zudem eine Zuordnung von noch existierenden Möbeln möglich machen. Gleichfalls mussten die Mitarbeiter Kenntnisse in der Bildhauerei und dem Polster- und Tapezierarbeiten erwerben. Nötig war dies, weil vollständige Einrichtungen von Villen oder Schlössern nicht mehr ausschließlich von Architekten geplant wurden, sondern zunehmend von Schreinern ausgeführt wurden. Zu einer vollständigen Einrichtung gehörte auch die Fertigung von Fensterstöcken, die Möblierung, die Wandbekleidung und der Bodenbelag. Für ein vollständiges Interieur lieferten daher Schreiner und Tischler z. T. auch Uhren, Bronzen und Gemälde.
Vorindustrielle Möbelfertigung
Die Mainzer Großbetriebe stellten bereits um 1820 die ersten Maschinen in der Möbelfertigung auf. Aus Frankreich beschaffte man sich eine Furnierschneidemaschine. Die Weiterentwicklung und Neugestaltung von Handwerksgeräten in der Schreinerei trug ebenfalls zur Verbesserung der Arbeitsleistung bei. Auf die Ausbildung des Nachwuchses legte man großen Wert. So entstand bereits 1841 in Mainz eine „Handwerkerschule“, deren Besuch freiwillig war, allerdings nach Feierabend. Vermittelt wurden Kenntnisse nicht nur im Handwerk, sondern auch im Rechnen, technischen Zeichnen und in Grundlagen der Chemie und Physik.
Literaturempfehlungen zu Mainzer Möbelschreinern
- Zinnkann, Heidrun: "Mainzer Möbelschreiner der ersten Hälfte des 19.Jh. in Schriften des Historischen Museums Frankfurt/Main", Bd. 17, Verlag Dr. Waldemar Kramer, 1985.
- Zinnkann, Heidrun: "Meisterstücke Mainzer Möbel des 18. Jh.", Museum für Kunsthandwerk Ausstellung 1988, Frankfurt a.M., Druckerei Henrich